Zu dem Liedermitschnitt der Deutschen Jungenschaft Schleswig, Horte I |
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Gesang bindet eine Gemeinschaft. Alle Stände, Organisationen und Berufsgruppen hatten ihre spezifischen Lieder. Ludwig Christian Erk, ein Musikpädagoge, schuf die erfolgsreichste Volksliedsammlung des 19. Jahrhunderts und führte das Volksliedsingen in den Schulen ein. Seine Sammlung umfasste 20.000 Lieder! Die deutschen Volkslied-Archive haben inzwischen eine Sammlung von über einer Million Lieder aus den deutschsprachigen Ländern im Bestand.. Die Entwicklung der Jugendbewegung, Gründung des Wandervogels, Spaltung in unterschiedliche Bünde, ist uns bekannt. „Das Zentralerlebnis der Jugendbewegung die Erweckung zur Gemeinschaft“ (Spranger) war die große Leistung, gefestigt durch das gemeinsame Singen. Begleitet wurden die Lieder mit der „Klampfe“ (Gitarre). Die Erwachsenenwelt war schockiert. Sah sie doch in der Jugendbewegung Protestler, die alle „klampften“. Die Gitarre kam in Verruf als ein Instrument der protestierenden Jugend. Diese Ansicht hatte sich an Musikhochschulen gehalten bis um 1960, ging dann auf die E-Gitarren über, als die Beatles die bürgerliche Gesellschaft schockierten. – in der DDR bis zu Wolf Biermann, der ausgebürgert wurde und nicht mehr in die DDR zurück durfte.; in Chile während der Diktatur wurden kritische Sänger, die Gitarre spielten, ermordet. Die Jugendbewegung wollte am Anfang diesem Makel entgehen und spaltete sich (wie später noch öfter). Die einen blieben bei der Klampfe und der Romantik. Die anderen wandten sich der Alten Musik zu und wollten ihre Lieder mit der Laute begleiten. Also baute man Lauten mit Gitarrenstimmung, die nichts mit der alten Laute außer dem birnenförmigen Korpus, gemeinsam hatten. Ihre Anhänger nannten diesen Zwitter liebevoll „Sängerlaute“, die anderen beschimpften sie als „Bastardlaute“. Dann kam die verhängnisvolle Zeit des Nationalsozialismus. Deren Anhänger glaubten, das deutsche Volksliedgut sei ureigenster Kulturbesitz der Deutschen. Der 2. Weltkrieg war gerade zu Ende, die Not noch groß, da wurde die Schleswiger Jungenschaft, Horte I, 1947, gegründet. Jetzt schlug das Pendel zur anderen Seite aus. Wir hatten wieder die Freiheit, alles singen zu dürfen, es gab für uns nichts Entartetes, es gab keine kulturelle Bevormundung mehr. Musik und Kunst waren wieder frei. Das haben wir weidlich genossen und einen großen Liedschatz aus allen Lebensbereichen und vielen Ländern gepflegt. Am 21. September 2007, nach 50 Jahren, traf sich die Horte I der Schleswiger Jungenschaft, wieder in Schleswig, und wir wollten noch einmal unsere alten Lieder erschallen lassen und sie auf einer CD speichern. Doch an dem Abend wurde uns bewusst, was wir alles früher gesungen haben. Da gab es Texte, die im reiferen Alter eigentlich nicht mehr zu vertreten sind. Hatten wir uns damals mit den Aussagen dieser Lieder identifiziert? Mit Nachdruck: Nein! Gesang hat seit 50 Jahren unsere Gemeinschaft gebunden. Hoffen wir, dass die letzte Zeile des letzten Liedes auf der CD „Die Dämmerung fällt ....“ noch lange nicht auf uns zutrifft. Dixi |